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Werner
Bergmann
Unser
aller Heiligen
Als der
Himmel über dem Ruhrgebiet
noch bevölkert war
256 Seiten · gebunden mit Lesebändchen ·
9,90 Euro
ISBN 978-3-942094-59-7
„Unser aller Heiligen“ erzählt keine frömmelnden Heiligenlegenden,
sondern spiegelt die historische wie auch realitätsnahe Sicht auf die
Heiligen
des Ruhrgebiets, die Sicht eines siebzigjährigen Mannes, der hofft,
dass es noch en bissken dauert, bis er diese im Himmel selbst in
Augenschein nehmen kann.
Mit den Heiligen unserer Region ist es wie mit vielem, das mit der
Wandlung des Reviers weniger und weniger wird, in seiner Bedeutung
schwindet und von der profanierten, technokratisch materiellen Welt
verschwindet.
Dieses Buch soll nicht nur unseren Heiligen im Revier den ihnen
zustehenden Platz einräumen, sondern auch „Unser aller Heiligen“ aus
der Masse aller Heiligen zu Allerheiligen heraushalten als einen
besonderen Bestandteil der christlichen Tradition des Reviers.
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Werner
Bergmann
Jahrgang 1946, Studium der
Geschichte und Mathematik; Promotion und Habilitation in
mittelalterlicher Geschichte und Historischen
Hilfswissenschaften; akademische
Lehrtätigkeit an der Ruhr-Universität Bochum, TU Braunschweig, an den
Universitäten Rostock, Hamburg und Potsdam.
Ebenfalls in unserem Verlag erschienen:
⇒ Werner
Bergmann, Otto Dickau, Heinz-Jürgen Kamp, Geschichte und Quellen der Deutschordenskommenden im Ruhrgebiet am
Beispiel der Kommende Welheim. Von den Anfängen bis zum Vorabend
der Reformation
⇒ Werner Bergmann, Die
Geschichte machen. Helden
und Schurken im Ruhrgebiet von anno dazumal bis heute
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Inhaltverzeichnis
Vorwort: Was das Ganze soll
1. Als das Beten noch geholfen hat
2. Kirchpatrozinien
Der heilige Dionysius. Steh auf, nimm deinen Kopf und wandle
Die heiligen Antoniusse. 2 x heiliger "Kumpel Anton"
a) Antonius der Eremit: Fickeltönnes
b) Antonius von Padua: Schlampertoni
Der heilige Pius X. Erster Papst des 20. Jahrhunderts
Der heilige Nikolaus von Flüe. Einsiedler mit zehn Kindern
Der heilige Konrad. Echter Bajuware im Himmel über dem Revier
Der heilige Urban und der heilige Clemens. Päpste in der Nachfolge des
heiligen Petrus
Der heilige Franziskus Xaverius. Missionar im Land der aufgehenden Sonne
Der heilige Hubertus. Schutzpatron des Magenbitters?
Der heilige Norbert. Kein Mann für sichere Renten
Die heilige Ida. Erste westfälische Heilige eine Krimi-Mimi?
Der heilige Franziskus. Kleiner verlauster Mann ganz groß
Der heilige Georg. Ritter ohne Furcht und Tadel
Der heilige Bonifatius. Der große Organisator
Die heilige Elisabeth. Kreuzritterwitwe mit drei Kindern
Der heilige Evermarus. Friesischer Pilger oder ägyptischer Soldat
Der heilige Heinrich. Heilig durch Blasensteine?
Der heilige Christophorus. Nothelfer ohne gelben Engel
3. Schutzpatrone
Die heilige Barbara. Schutzpatronin des Ruhrgebiets
Der heilige Altfrid. Schutzpatron des Bistums Essen
Die heiligen Kosmas und Damian. Schutzpatrone der Stadt Essen
Der heilige Reinoldus. Schutzpatron der Stadt Dortmund
Die heilige Gertrud. Schutzpatronin von Wattenscheid
Der heilige Cyriakus. Schutzpatron von Bottrop
4. Regionale Heilige
Der selige Nikolaus Groß. Echter Püttrologe aus dem Ruhrgebiet
Der selige Clemens August Graf von Galen. Löwe von Münster
Der heilige Liudger. Immobiliensammler
Der heilige Liborius. Durchreisender auf dem Wege nach Paderborn
Der heilige Willibrord und seine elf Gefährten. Männer von der Insel
Die beiden heiligen Ewalde. Erschlagen in Aplerbeck
Der heilige Suitbert. Mann mit engen Kontakten
Der heilige Maternus. Erster Bischof von Köln
Der heilige Viktor. Hauptmann der Thebaischen Legion
Der heilige Engelbert. Ein Haudegen auf dem Kölner Erzstuhl
Der heilige Eligius. Einer, der aus dem Ruhrgebiet verschwindet
Der heilige Amandus. Einer vom Rande des Ruhrgebiets
Der heilige Rochus. Mit Beinfreiheit und einem Hund
Der heilige Marsus. Der große Unbekannte
5. Globale Heilige
Der heilige Martin. Schutzpatron der Raucher?
Wetterfrösche
a) Siebenschläfer – Allseits beliebt
b) Die Eisheiligen – Kleingärtnerschrecken
Die Heiligen Drei Könige. Kölner Dreigestirn
Der heilige Sylvester. Papst aus der Geschichtsmottenkiste
Der heilige Jakobus. 800 Jahre verschollen
Der heilige Valentin. Flower Power hoch drei?
Der heilige Nikolaus. Mann mit zwei Gesichtern?
Die Heilige Familie
a) Der heilige Joseph – Ziehvater des Herrn
b) Die heilige Anna – Oma des Jesuskindes
c ) Die heilige Maria Magdalena – Flamme vom Chef
Nachwort: Das Heilige und das Profane
Anmerkungen
Literatur
Kalender der Heiligenfeste
Kirchen
Wichtige Orte
Wichtige historische Personen und Ereignisse
Vorwort
Das Ruhrgebiet ist bis zum Beginn der Industrialisierung überwiegend
katholisch geprägt; Teile der Region, zum Beispiel das Vest
Recklinghausen, sind eine Enklave des Erzbistums Köln gewesen. Insofern
haben und hatten die Kirchen und Gemeinden regelmäßig Heilige, denen
sie geweiht waren und die für die Gemeinden als Schutzpatrone eine
besondere Aufgabe erfüllten.
Gemeindegründungen und neue Kirchenbauten gab es vom Beginn der
Christianisierung im 7. Jahrhundert bis in die 60er Jahre des 20.
Jahrhunderts, also über knapp eineinhalb Jahrtausende, so dass das
Ballungsgebiet der Ruhrregion eine bunte Vielfalt von
Kirchenpatrozinien und Heiligen aus allen Zeiten aufweist, die
gleichsam den Himmel über dem Ruhrgebiet bevölkern.
Die Schrumpfung der Gemeinden hat seit dem Beginn des 21. Jahrhunderts
dazu geführt, dass mehr und mehr Gemeinden zusammengelegt und
Kirchenbauten profaniert wurden, womit vielfach auch deren Patrozinien
seitdem nur noch auf dem Papier weitergeführt werden oder auch ganz
verschwinden.
In diesem Buch soll der Versuch gewagt werden, das Pantheon der
Heiligen dieser Region, die den Altvorderen wesentlich mehr bedeuteten,
als es in unserer profanierten Welt vorstellbar ist, in seinen
Traditionen und seiner Vielseitigkeit darzustellen. Damit geht es in
erster Linie nicht um eine frömmelnde Auflistung, wie sie sich in der
hinlänglich bekannten Heiligenlegenden-Literatur auch heute noch
findet, sondern um eine mehr oder weniger sachliche Betrachtung dessen,
wie sich die Heiligenverehrung in dieser genannten Zeit darstellt, da
sie Gefahr läuft, verloren zu gehen. Es ist also weder eine fromme noch
eine katholisch oder evangelisch geprägte Betrachtungsweise, die dieser
Arbeit zu Grunde liegt. Vielmehr sieht sie sich als ein Beitrag zum
Kulturgeschehen dieses Raumes, waren doch die Heiligen bis vor nicht
allzu langer Zeit Bestandteil auch des täglichen Lebens.
Wer von den Älteren erinnert sich nicht an die Christophorus-Plakette
am Armaturenbrett des VW Käfers, die genauso wenig fehlen durfte wie
die obligate Blumenvase. Selbst die wilden 68er-Studenten riefen in
einer langweiligen Vorlesung den heiligen Benedikt an: "Hilf heiliger
Benedikt, ich bin schon wieder eingenickt"; und die Großmutter betete
zum heiligen Antonius von Padua, wenn sie vergeblich irgendetwas
suchte: "Heiliger Antonius, sei gepriesen, Schutzpatron der
Schlamperliesen." Und noch unsere Generation sammelte an der
sonntäglichen Kommunionbank Heiligenbildchen und holte sich den
Blasiussegen gegen Halsschmerzen und Gräten im Hals. Die Heiligen im
Himmel waren ein wichtiger Bestandteil des täglichen Lebens, und bevor
sie nun endgültig aus diesem verschwinden, sollen hier ihre Bedeutung,
Verbreitung, Geschichte und Verehrung für das Ruhrgebiet nachgezeichnet
werden.
Dies hört sich vom Anspruch her vielleicht verhältnismäßig leicht an,
erweist sich bei näherem Hinsehen jedoch als Mammutaufgabe, so dass
eine Beschränkung angeraten schien. Allein die Zahl der
Kirchenpatrozinien in der Region übersteigt die Hundert. Wenn noch die
Schutzpatrone und die allgemeinen Heiligenfeste hinzuaddiert würden, so
würde das Ergebnis sicherlich mehrere Bände füllen. Deshalb bedurfte es
der Auswahl, die – wie stets – subjektiv bleibt und sich hier an der
Attraktivität und der Bedeutung der einzelnen Heiligen orientiert.
Dabei stehen neben der lokalen Zuordnung und Verehrung die Dinge und
Ereignisse und Informationen im Vordergrund, die sich nicht oder nur
ansatzweise in den üblichen Heiligengeschichten und -legenden finden.
Wer weiß schon, dass der heilige Franziskus nackt durch die Straßen
seiner Stadt gelaufen, wie der heilige Antonius zu seinen Schweinen
gekommen ist, dass der heilige Martin einem Kaiser Feuer unter dem
Allerwertesten gemacht oder aber dass ein hiesiger Fußballverein einen
echten Heiligen als Ehrenmitglied aufzuweisen hat?
Das Pantheon der bei uns im Revier verehrten Heiligen ist
multikulturell; sie stammen aus Afrika, Kleinasien, dem Vorderen
Orient, aus den südlichen und westlichen Ländern Europas, selbst aus
Bayern und der Schweiz. Wären sie nicht heilig und im Himmel, so würde
man von einem bunten Völkergemisch sprechen können. Diese für unsere
Region auch in anderen Bereichen so typische Vielfalt macht eine
Ordnung nicht ganz einfach.
Dass diese Zuordnung nicht durchgängig funktionieren kann, liegt daran,
dass manche Heilige durchaus als multifunktional anzusehen sind. Der
heilige Reinoldus zum Beispiel ist Schutzpatron für Dortmund; es gibt
auch eine Reinoldikirche – die heute allerdings evangelisch ist, und
die Protestanten haben mit den Heiligen nun mal nichts am Hut.
Ähnliches gilt für die heilige Gertrud und Wattenscheid. Das
Barbara-Patrozinium weisen gut ein Dutzend Kirchen im Revier auf; man
wird sie also wohl eher als Schutzpatronin des gesamten Ruhrgebiets
begreifen müssen.
So vielfältig wie die Heiligen unserer Region ist auch das Kaleidoskop
ihrer Geschichte und Geschichten, die sich einem stringenten
Ordnungswillen mehr oder weniger entziehen, was vielleicht auch ihren
Reiz ausmacht. In diesem Sinne wünscht der Autor bei der Lektüre der folgenden Seiten
dieses Buches unterhaltsame Stunden. Mutter Lieselotte hätte es gefallen.
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