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Helmut Spiegel
Das Bollerrad muss bollern,
der Knicker, der muss rollern
Verlorene Kinderspiele, erzählt in
Geschichten aus dem Ruhrgebiet
Illustriert von Anke Jühe
80 Seiten · gebunden
2. Auflage · 9,90 Euro
ISBN 978-3-922750-49-9
Lassen Sie sich entführen – vielleicht zurück in Ihre eigene Kindheit –
auf die Hinterhöfe und Wohnstraßen einer vergangenen Zeit: zu
Pitschendopp und Pinnekenkloppen, zum Knickerspiel, zum Stand an der
Wand, zum Völkerball, zum Bollerradfahren, zum Pferdezügelstricken, zum
Kastenfangen, zum Hinkeln, zum Seilchenspringen, zum
Kinderschützenfest, zu Tanzspielen. Und zu albernen und kessen Sprüchen
und Liedern. |
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Kinderschützenfest
Schere, Stein, Papier
Pinnekenkloppen
Rollschuhlaufen
Bollerradfahren
Pitschendoppschlagen
Knickern
Hinkeln
Seilchenspringen
Versteckenspielen
Pferdezügel aus der Strickliesel
Wuppfangen
Glanzbildertauschen
Namenraten
Ins-Poesiealbum-Schreiben
Beruferaten
Dieb, o Dieb
Köttelbüchsen
Schiffchenfahrenlassen
Windvogelfliegenlassen
Zehnerprobe und Stand an der Wand
Schlagball
Völkerball
Der Kaiser schickt seine Soldaten aus
Wer fürchtet sich vorm schwarzen Mann?
Mutter, darf ich?
Wieder Kinderschützenfest
Liesel
ist auf dem Hof, meine Schulgefährtin aus dem zweiten Schuljahr.
"Wollen wir was spielen?" – "Hinkeln", schlägt Liesel vor. Hinkeln? Das
ist ja eigentlich ein Spiel für Mädchen. Aber Heinz und Männe, mit
denen ich lieber spielen würde, sind nirgendwo zu entdecken. Ich gehe
durch den Keller auf den Hof.
Liesel bricht aus der Hecke an der Bleiche einen kleinen Stock. Mit dem
zeichnet sie auf den Hof ein Hinkelhaus. Es sieht aus wie ein Kreuz.
Der Längsbalken hat sechs quadratische Felder, der Querbalken drei.
"Abzählen", sagt Liesel, und sie beginnt auch gleich.
Pille-, Pille-Ente ging in’ Laden,
wollt für zwei Pfennig Knackwurst haben.
Für zwei Pfennig Knackwurst gibt es nicht.
Pille-, Pille-Ente ärgert sich.
Pille-, Pille-Ente ist nicht dumm.
Schmeißt den ganzen Laden um.
Wer kam da rein?
Die Po-li-zei!
Liesel darf anfangen. Liesel darf anfangen. Sie holt aus der
Schürzentasche ihren Hinkelstein. "Wo hast du deinen Hinkelstein?" Ich
zucke mit den Achseln. "Warte!", sagt Liesel. Sie läuft ins Haus und
kommt mit dem kleinen Bruchstück einer Fliese zurück. "Das ist aber so
zackig!", maule ich. "Musst du schleifen! Guck mal hier!" Sie zeigt mir
ihren Hinkelstein. Das ist auch ein Stück Fliese, aber dessen Ecken
sind rund geschliffen. Ich gehe zu der kleinen Mauer an der
Kellertreppe und beginne zu schleifen. Doch das Stück Fliese ist härter
als der Backstein, und ich ratsche nur Riefen in die Mauer. "Da doch
nicht, komm mit!", sagt Liesel. Sie geht mit mir durch die Gasse auf
die Straße und zeigt auf die Bordsteinkante. Also schleife ich an der
Bordsteinkante. Mein Hinkelstein wird zwar nicht so schön wie Liesels,
aber die scharfen Ecken und Kanten sind weg.
Liesel beginnt das Hinkelspiel. Zuerst hüpft sie auf einem Bein die
Felder des Hinkelhauses hinauf und wieder hinunter. Dabei muss sie im
Kreuzstück um das Mittelstück herumhüpfen und kann dann in das
Mittelquadrat mit beiden Füßen hineinspringen, um sich auszuruhen. Beim
Hinkeln darf Liesel nicht auf einen Strich treten, denn dann ist sie
"ab". Im zweiten Durchgang legt man sich den Hinkelstein auf den Fuß
und schreitet vorsichtig durch das Hinkelhaus. Fällt der Stein vom Fuß
oder tritt man auf einen Strich, ist man auch "ab". Im dritten Teil des
Spiels wird der Stein beim Hüpfen mit dem Fuß von Feld zu Feld durch
das Hinkelhaus gestupst. Verfehlt man ein Feld, ist man "ab". Der
vierte Teil des Spiels ist der spannendste. Der Spieler stellt sich mit
dem Rücken zum Hinkelhaus und wirft über die Schulter den Hinkelstein
in eines der Felder. Trifft er eines, darf er es mit einem diagonalen
Kreuz markieren. Der Mitspieler muss beim Hinkeln dieses Feld
überspringen. [...]
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Hörbuch:
Das Bollerrad muss Bollern,
der Knicker, der muss rollern
Vergessene Kinderspiele aus dem Ruhrgebiet.
Lars von der
Gönna und Werner Boschmann lesen live in der Buchhandlung Lesezeichen
in Duisburg Hamborn dem Buch von Helmut Spiegel (1932–2014)
1 Audio-CD · Laufzeit ca. 64 Minuten · 9,90 €
ISBN
978-3-942094-93-1
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Hörprobe:
Ilse Bilse, Schornsteinfeger Lampe und Friederich der Kleine (LvG und WB) 3:44 – KLICK
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Inhalt:
1 Ilse Bilse, Schornsteinfeger Lampe und Friederich der Kleine (LvG und WB) 3:44
2 Reise in der dreißiger Jahre (LvG) 2:12
3 Rollschuhlaufen (LvG) 2:58
4 Die Brauerstraßen-Bande und Pitz Mölders (WB) 2:27
5 Bollerradfahren (WB) 5:17
6 Omma Hedwig, Tante Martha und Änneken Spiekermann (LvG) 3:31
7 Pitschendoppschlagen (LvG) 3:53
8 Von Gertchen, der eigentlich eine Gerti war (WB) 4:02
9 Knickern (WB) 8:16
10 Die Perle von Hamborn (WB) 2:21
11 Helmut Spiegel und Onkel Willi haben ein Leben verändert (WB) 3:22
12 Seilchenspringen (WB) 4:15
13 Glanzbildertauschen (LvG) 4:37
14 Der da, der hat mich früher verhauen (LvG und WB) 1:41
15 Kinderschützenfest (LvG und WB) 9:29
16 Oh, du lieber Augustin (LvG und alle im Lesezeichen) 2:02
Gesamtlänge: 64:17
Das Hörbuch wurde am 21. März 2019 aufgenommen in der Buchhandlung
Lesezeichen, Emscherstraße 213, Duisburg-Hamborn ·
www.lesezeichen-hamborn.de Produziert von klang:art Audioproduktion,
Castrop-Rauxel · www.klangart.info Regie: Olaf Hemker. Verarbeitet von
Diggystyle, Duisburg · www.diggystyle.de Foto auf dem Cover: Kurt
Wohlgemuth. Fotos von der Lesung: Renate Rohkemper. Foto vom
Kinderschützenfest: Werner Bergmann.
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Lars
von der Gönna und Werner Boschmann lesen am 21. März 2019 aus dem Buch von Helmut
Spiegel "Das Bollerrad muss bollern, der Knicker, der muss rollern"–
Live in der Buchhandlung Lesezeichen,
Duisburg-Hamborn. (Foto: Renate Rohkemper) |
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Helmut
Spiegel
wurde am 9. Oktober 1932 in Essen geboren, wuchs in einer
Arbeitersiedlung im Norden der Stadt auf. Sein Vater, ein Kruppscher
Automobil- und Lokomotivschlosser, hätte es gerne gesehen, wenn der
Sohn Ingenieur geworden wäre. Doch dieser stellte bald fest, dass er
Technik besser beschreiben als betreiben konnte, und wurde Redakteur.
Er arbeitete zunächst bei der NRZ in Essen, ab 1961 dann bei der WAZ in
Witten. Helmut Spiegel liebte das Ruhrgebiet und widmete ihm seinen
Roman "Ich
schäbiges Frikadellchen". Das schäbige Frikadellchen trägt
autobiografische Züge; der Roman enthält genauso wie "Das Bollerrad"
ganz viel Regionalkolorit und den ganz besonderen Spiegel’schen Humor.
Das trifft auch auf sein Buch "Auf alle meine Pötte setzt Ursula den
Deckel" zu, in dem Helmut Spiegel erklärt, wie das so mit der Ehe im
Ruhrgebiet funktioniet.
Helmut Spiegel starb am 6. Februar 2014 in Witten.
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Interview mit Helmut Spiegel im Jahre 2010
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Wann
wurden Sie geboren?
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9.10.1932
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Und wo?
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Essen
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Wo wohnen Sie heute?
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Witten
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Was machen Sie heute?
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Rentner/Schreiben
im Aktionskreis Wittener Autoren
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Was haben Sie beruflich gemacht?
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Redakteur an
Tageszeitungen
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Wie sind Sie auf die Idee gekommen, Ihren
Roman "Ich schäbiges Frikadellchen" und das "Bollerrad" zu schreiben?
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Ich habe oft
Geschichten erzählt aus der Kriegs- und Nachkriegszeit. Freunde haben
immer wieder gesagt: "Schreib das doch mal auf!" Doch erst viele Jahre
später war der Tod meiner Mutter das auslösende Moment. So entstand das
"Frikadellchen".
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Und wie war es
beim "Bollerrad"?
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Es gibt
Kinderspiele – nein, es gab sie –, die spurlos verschwunden sind. Und
mit ihnen ein Stück Kulturgut. Unser technischer Fortschritt hat sie
weggefegt, ersatzlos gestrichen. Die Übeltäter sind nicht allein
Gameboy, Playstation und Handy. Der Hauptübeltäter ist das Auto. Auf
den heutigen Hinterhöfen stehen Garagen. Die Straßen, auch die in den
Wohnsiedlungen, werden von parkenden oder fahrenden Autos beherrscht.
Hinzu kommt, dass die Erwachsenen – "Stress, Stress, Stress!" – zu
Hause ihre Ruhe haben wollen und keine lärmenden Kinder auf Hof und
Straße. Übergewicht, Schlafstörungen, Bewegungsmangel, Nervosität –
Kinder, die sich austoben können, leiden darunter nicht.
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Was bedeuten
diese Bücher für Sie?
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Etwas
Unzerstörbares, das ich einmal hinterlassen werde. Solange ich lebe,
ein immer wieder möglicher Rückgriff auf meine Jugend.
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Was lesen Sie
gerne an Ruhrgebietsliteratur?
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Alles, was so
echt ist wie das Ruhrgebiet
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Wohin gehen
Sie an einem sonnigen Ruhrgebiets-Sommertag?
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Zum Kemnader
Stausee oder zum Baldeneysee
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Welchen
Ruhrgebietler finden Sie richtig toffte?
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Jürgen von
Manger, der eigentlich keiner war.
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Welche
Ruhrgebietlerin?
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Die aus Essen
stammende Schauspielerin Ruth Leuwerik
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Wohin sollten
Touristen gehen, wenn sie mal "echt Ruhrgebiet" erleben wollen?
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An den
Rhein-Herne-Kanal
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