Verlag Henselowsky Boschmann · Regionaler Literaturversorger Ruhrgebiet · Sigi Domke · Die Koplecks in: Freunde der italienischen Oper
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Sigi Domke
Die Koplecks
in: Freunde der italienischen Oper

128 Seiten, gebunden, mit Schutzumschlag
9,90 €
ISBN 978-3-922750-72-7

Eine hinreißende Komödie über einen italienischen Gastarbeiter, der als Untermieter in eine Ruhrgebietsfamilie der späten 60er Jahre gerät und diese mit mediterraner Lebensart und Charme umkrempelt. Seit über sieben Jahren auf der Bühne. Ruhrgebietskomik pur mit hohem herzlichen Anteil. In diesem Buch von Sigi Domke für zum Lesen umgearbeitet.

1969 war ein ereignisreiches Jahr. Im fernen nordamerikanischen Woodstock fand das bis dato größte Open-Air Festival der Musikgeschichte statt. Auf dem noch ferneren Erdtrabanten fand die erste Mondlandung statt. Im nahen Ruhrgebiet wurde der so genannte Spaghetti-Knoten eingeweiht, fanden die so genannten Rote-Punkt-Demonstrationen gegen Fahrpreiserhöhungen statt und gehörten so genannte Gammler zum nach-68er Straßenbild.
1969 war außerdem das Jahr, in dem der italienische so genannte Gastarbeiter Rudolfo Zampini in die Ruhrgebietsfamilie Kopleck geriet, sie mit seiner mediterranen Lebensart unterwanderte und mit seiner Leidenschaft für die italienische Oper infizierte.
Was für Konsequenzen so ein kultureller Zusammenprall allerdings für jemanden wie Vater Heinz Kopleck hat, kann der in diesem Buch mit Amusement, Schadenfreude und ein wenig Mitleid nachgelesen werden. Heinz ist nämlich ein Verfechter von deutschen Tugenden wie Fleiß und Ordnung, und die kommen zunehmend unter die Räder. Zu allem Überfluss muß er mit ansehen, wie der Rest der Familie dem ungeliebten Gast mit Haut und Haar verfällt. Wenn dann auch noch die Nachbarstochter Tina, die ihm mit ihren Bürgerschreckallüren ein ewiger Dorn im Auge ist, seinen Sprößling Hans-Werner anbaggert, stehen alle Zeichen auf Sturm.

Sigi Domke

Sigi Domke
Jahrgang 1957; übt den seltenen Beruf des Ruhrgebietskomödien-Schreibers aus und hat überhaupt dem alten Ruhrpott mit seinen Typen und seiner schnodderigen Sprache viel an Inspiration zu verdanken. Als Co-Autor für die Kunstfigur Herbert Knebel ist er mitverantwortlich für die Witzdichte des Knebel-Humors.


Sigi Domke ist ebenfalls Autor der Bücher

Nachbarn in Bäumen – Roman

Pinkelpausen und Tai-Chi – Roman

Erster Kuss und dritte Zähne. Ruhrpott-Gedichte für jede Gelegenheit

Wie sieht denn die Omma aus?! – Märchen aus dem Ruhrgebiet

Helden sind immer die anderen (gemeinsam mit Michael Hüter) – fast autobiografische Abenteuer

Wat ne Gegend. Überlebensratgeber Ruhrgebiet


Und so fängt es mit den Koplecks an ...
Der Kokosbaum
Hans-Werner, ich mach dir nochn paar Schnittchen!
Es gibt Sätze, die hört man häufiger im Leben. »Die S1 in Richtung Dortmund wird wenige Minuten später eintreffen!«, gehört zum Beispiel dazu, zumindest wenn man im Ruhrgebiet lebt und ab und an mit der S-Bahn unterwegs ist. »Ich liebe dich!«, kann auch dazugehören, wenn man Glück hat. Man selbst sollte natürlich auch gemeint sein bei letzterem Satz, sonst fällt er nicht wirklich in die Kategorie, um die es hier geht.
Hans-Werner Kopleck war gemeint. Mehrfach am Tag pflegte Mutter Agnes diesen Satz zu ihrem Sohn zu sagen, obwohl doch immer ein Teller mit Schnittchen auf dem Tisch stand.
Ich hab noch, sagte Hans-Werner denn auch stets und folgerichtig.
Du has ja noch gar nix gegessen!, pflegte Agnes daraufhin zu bemerken. Warum isst du denn nix?
Ich ess doch!, entgegnete nun wieder Hans-Werner üblicherweise, und essen, das tat er auch. Es war nicht zu übersehen, dass der Agnes’sche Hang zur Dauerverköstigung figürlichen Schaden angerichtet hatte, bei ihrem Sohn, aber auch bei ihr selbst.
Du musst doch wat essen!, pflegte Agnes nun wieder zu sagen, hartnäckig bleibend und mit einem sorgenvollen Blick auf Hans-Werners vollschlanke Figur. Ich hab doch extra Kornet Beff draufgetan!
Zur Erklärung: Kornet Beff ist die korrekte Ruhrdeutsch-Aussprache der englischen Wurstware Corned Beef, gesprochen Kornt Bief. Würde aber jemand an einer Wursttheke irgendwo im Revier Kornt Bief verlangen, würde er nur verständnislose Blicke ernten.
Kornet Beff war also in Agnes’ Augen die reine Versuchung, deshalb belegte sie immer ein paar der Brote damit, und Hans-Werner konnte tatsächlich nie widerstehen. So schob er sich auch an jenem Sommertag des Jahres 1969, an dem diese Geschichte beginnt, ein üppiges Kornet-Beff-Schnittchen in den Mund, woraufhin der Mund voll war, was wiederum einen verbalen Protest verhinderte, als Agnes gleich darauf ankündigte, sowieso bald Abendbrot machen zu wollen. Prompt zog es Mutter Kopleck auch schon aus dem Wohnzimmer in Richtung Küche.
Hans-Werner ging zur rustikal anmutenden Musiktruhe, stellte das Radio an, lauschte kurz den aktuellen Meldungen zur bevorstehenden ersten Mondlandung und bestückte dann den unter dem Radio befindlichen Schallplattenspieler mit ein paar Singles. Die Erfindung des iPod würde noch Jahrzehnte auf sich warten lassen, und so galt es damals als durchaus quantitative Meisterleistung, hintereinander bis zu zehn Singles abspielen lassen zu können, ohne sich zwischendurch zum Plattenspieler begeben zu müssen. Im März des Jahres war der Song Pinball Wizard von der britischen Band The Who erschienen, und er war auch jetzt im Juli immer noch hochaktuell, denn die Zeiten waren nicht ganz so schnelllebig wie heutzutage. Hans-Werner machte es sich auf dem Sofa bequem und lauschte verklärt den ersten Gitarren- und Schlagzeugsalven, da stand Agnes schon wieder in der Tür:
Soll ich nochn Pudding machen? Schokolade?
Von mir aus, antwortete Hans-Werner schlaff, denn das Dauerthema »Essen« nervte ihn, besonders, wenn gerade Pinball Wizard lief. Schon wollte Agnes zurück in die Küche eilen, da wurde sie auf die verstörenden Klänge aufmerksam, die aus den Lautsprechern dröhnten.